Die offiziellen MotoGP-Crash-Statistiken für die Saison 2024 haben ein ganz anderes Bild ergeben, als viele vielleicht angenommen haben.

Wenn man die Daten nicht studiert, könnte man glauben, dass die MotoGP einen neuen Rekord an Stürzen in einer einzigen Saison aufgestellt hat. Diese Wahrnehmung wurde vor allem dadurch genährt, dass Francesco Bagnaia die Saison als "Meisterschaft der Fehler" bezeichnete, was größtenteils auf kritische Fehler sowohl von ihm als auch von seinem Titelrivalen Jorge Martin zurückzuführen ist.

Die tatsächlichen Zahlen erzählen jedoch eine andere Geschichte. Die MotoGP verzeichnete 335 Stürze in den 20 Rennen dieser Saison, was im Vergleich zu 358 Stürzen im Jahr 2023 einen Rückgang bedeutet. Interessanterweise entsprach die Zahl der Stürze der Zahl von 2022, der letzten Saison vor der Einführung des Sprintformats.

Bei genauerer Analyse gab es in dieser Saison durchschnittlich 16,8 Unfälle pro Runde, was nicht nur einen Rückgang gegenüber 2023, sondern auch gegenüber 2017 bedeutet. Dieser Rückgang der Stürze ist überraschend, wenn man bedenkt, dass der neue Hinterreifen es den Fahrern ermöglichte, auf den meisten Strecken schnellere Rundenzeiten zu erzielen und die Grenzen noch weiter zu verschieben.

Die Änderung der Reifenhaftung führte auch zu einem Phänomen, das als "hinten drückt vorne" bezeichnet wird und zu mehr Stürzen beitrug. Hochkarätige Fahrer wie Brad Binder, Alex Rins und Miguel Oliveira verpassten ein oder mehrere Rennen aufgrund von Stürzen. Auch Wildcard- und Ersatzfahrer wurden häufig Opfer von Stürzen.

Doch die kumulierten Sturzzahlen waren nicht die einzige Überraschung in dieser Saison. Auch die Sturzstatistiken der einzelnen Fahrer widersprechen den gängigen Erzählungen über das Jahr.

Francesco Bagnaia stand wegen seiner Stürze in der Kritik, darunter ein kostspieliger Sturz vom zweiten Platz im Sprintrennen in Malaysia. Dennoch stürzte der Ducati-Pilot in diesem Jahr nur neun Mal, was einem Durchschnitt von 0,45 Stürzen pro Rennen entspricht. Zusammen mit Fabio Di Giannantonio verzeichnete Bagnaia die wenigsten Stürze unter den Ducati-Fahrern der gesamten Saison.

Im Gegensatz dazu hatte Jorge Martin 15 Stürze, während Marc Marquez in 24 Zwischenfälle verwickelt war. Bagnaia’s Stürze waren aufgrund ihres Timings besonders kostspielig, denn acht seiner neun Zwischenfälle ereigneten sich während der Wettbewerbssitzungen und hatten einen viel größeren Einfluss auf seine Saison.

Der Honda RC213V haftet weiterhin der Ruf an, ein sturzanfälliges Motorrad zu sein, ein Etikett, das ihr in der Saison 2023 verliehen wurde. Doch die Statistiken lassen etwas anderes vermuten. Honda-Neuzugang Luca Marini hatte 2024 nur vier Stürze zu beklagen, die niedrigste Zahl aller Vollzeitfahrer. Selbst der Champion von 2020, Joan Mir, rangierte mit 17 Stürzen nur auf dem neunten Platz der Sturzstatistik. Fahrer wie Pedro Acosta, Jack Miller und Alex Marquez übertrafen alle die Zahl von Mir.

Honda’s Top-Performer Johann Zarco war in 15 Stürze verwickelt, während Takaaki Nakagami sieben Mal stürzte. Diese Zahlen deuten darauf hin, dass die Honda-Fahrer zwar oft um Top-Positionen kämpften, das Motorrad aber nicht so sturzanfällig war, wie gemeinhin angenommen wird. Das ist ein deutlicher Fortschritt im Vergleich zu 2023, als Marc Marquez und Joan Mir zusammen für alarmierende 53 Stürze sorgten.